Esplumoir


Spirit of London

Und muss ich in düsterer Nacht dereinst spuken,
Dann wünsche nach London ich mir meinen Geist.
Dort hätte ich noble Gesellschaft zumeist.
Die heult nur aus uralten Mauern und Luken.

Und dürfte ich Westminster Abbey bewohnen,
Ich wüßte, was manchen der Krieger dort freut,
der tot jetzt sein schlachtreiches Leben bereut:
Ich würd' ihn mit Handarbeitsstunden entlohnen.

Den Buckingham Palace möcht' gern ich begeistern.
Den bärfellbemützten Soldaten davor
Plazierte ich Pikanterien ins Ohr,
Zu sehen, wie weit sie das Stillsteh'n noch meistern.

Sankt Paul's Kathedrale könnt auch ich bewandern,
Wenn Admiral Nelson sein Särglein mir räumt.
Genug hat er darin an Zeit schon verträumt,
S'ist besser er lässt mal ans Ruder 'nen ander'n.

Im Tower jonglierte ich glitzernde Steine,
Sonst sinnlos in Kronen und Zepter gefasst.
Und wenn es auch keinem der Beefeater passt'
Manch toter Monarch klopft' sich lachend die Beine.

Dort würd' ich mit Heinrich dem achten gern saufen.
Ich ging' ihm mit seinen sechs Frauen zur Hand,
Von denen es keine als prickelnd empfand,
Jahrhundertelang ohne Kopf rumzulaufen.

Euch allen zum Zeichen des Starts meiner Mühen,
Entleer ich im Tower der Schusswaffen Lauf.
Ja, auch die Kanonen mach ich wieder auf
Und lass' daraus rosa Vergissmeinnicht blühen.


Andreas Germann, 2004

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